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“Manchmal verfüge ich in umsatzstarken Zeiten privat über besonders wenig: Ich stecke das Geld in ein Projekt”– Interview mit Natalie

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Berufe & OrientalischerTanz

Das sechste Interview der Serie Berufe und Orientalischer Tanz führte ich mit Natalie, der Leiterin des eMotion Studio in Leipzig.

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Natalie
Was genau arbeitest Du?

Ich bin Studiobesitzerin und -leiterin. In dieser Funktion kümmere ich mich um ein feines Workshopprogramm und koordiniere eine optimale Raumauslastung, erledige die dazugehörige Büroarbeit.

Ich bin außerdem Tanzlehrerin und gebe Kurse und Workshops. Ich bin Tänzerin.

Ich bin aber zuallerst Kreative, als solche stecke ich das Geld, das ich mit den oben genannten Jobs verdiene, in Projekte, die ich unbedingt realisieren möchte.

Das ist mein innerer Antrieb, deshalb betreibe ich ein Studio.

Dieses Video ist ein typisches Natalie-Projekt: Ich ließ mir die Musik nach meinem Aufbau, Stimmungsbild und passend zur Location schreiben.

Seit ich den Westflügel Lindenfels kenne, wollte ich dort filmen. Es befindet sich in diesem ehemaligen Ballsaal ein ambitioniertes Figurentheater. Ich liebe diese leicht morbide Atmosphäre dort.

Wir drehten und fotografierten 13 Stunden am Stück. Am Ende trieb ich Yvonne von Amazone Media in den Wahnsinn: ich ließ den Clip 7 mal umschneiden.

Mir ging es bei diesem Video um das Gesamtwerk.

Seit wann machst du das hauptberuflich und wie kam es dazu?

Nach meinem Diplom als Museologin vor 10 Jahren bestand meine Perspektive aus jahrelangen unbezahlten Praktika. Per Zufall entdeckte ich in meinem (damals noch un-gentrifizierten) Stadtteil ein Gebäude voll mit Ateliers, Startups etc. mit noch einigen ausbaufähigen Räumen.

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Bauchtänzerin Natalie
Also nahm ich mein Studentensparbuch und meinen Mut zusammen und baute eigenhändig mein erstes kleines Studio aus – damals noch mit einer Partnerin, von der ich mich aber binnen Jahresfrist wieder “scheiden” ließ.

Seitdem wuchs das Leben im und ums Studio.

Natürlich war Tanz  – nicht nur Orientalischer Tanz – schon vor und während des Studiums ein großer Teil meines Lebens und hatte Priorität. Ich verschob schon mal Prüfungen wegen eines Auftritts.

Was sind die wichtigsten Fähigkeiten, die du in deinem Beruf brauchst?

Mich und das Studio(programm) immer wieder neu zu erfinden. Kontinuität durch ständige Weiterentwicklung.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?

Mein Arbeitstag: Als Mutter steht morgens natürlich als erstes Kindversorgung und Haushalt an, danach die oft leidige Büroarbeit. Dann Unterrichtsvorbereitung, Ballett oder Yoga, eine Probe…

Um 16:00 fahre ich los, mein Kind aus dem Kindergarten zu holen. Die Stunde zu Hause bis zum Unterricht/Yogaausbildung/Freitagsauftritt gehört meiner Tochter. Ich versuche die Arbeitszeit auf 40 Stunden zu begrenzen

An zwei Abenden gebe ich Kurse, an einem Abend verbringe ich 4 Stunden bei meiner Yogaausbildung.

Die Wochenenden sind gefüllt mit Auftritten (im Schnitt habe ich 5 pro Monat), Workshops im Studio, meinen Fortbildungen oder Proben für Shows und Auftritte.

Theoretisch soll ein Wochenende pro Monat frei von Arbeit bleiben, praktisch wird die Hürde oft gerissen: zum Beispiel von März bis April gab es 8 Wochen non-stop Action.

Von März bis April gab es 8 Wochen non-stop Action.Ich versuche meine Arbeitszeit zu kontrollieren und sie auf 40 Stunden zu begrenzen.

Das ist nötig, um einigermaßen eine Balance mit dem Familienleben zu wahren. Es gelingt mal mehr mal weniger gut.

Das ist auch der Grund, warum ich mich auf die Arbeit vor Ort konzentriere und wenig im “nationalen und internationalen Bauchtanzzirkus” umherreise.

Dafür engagiere ich mich bei lokalen Projekten wie zum Beispiel Zirkomania – dies bringt mir in der Folge fächerübergreifende und gut bezahlte Auftritte in größeren Rahmen als beim klassischen “Onkel Otto”.

Was liebst du in deinem Job am meisten? Worauf könntest du gut verzichten?

Die Hingabe an den Tanz zu teilen, liebe ich. Und ich liebe die Momente, wenn sich bei großen oder kleinen “Werken” am Ende alles sinnvoll zusammenfügt.

Als Studiobesitzerin freue ich mich, wenn mein Workshopprogramm nicht nur angenommen und gut gebucht wird, sondern daß es tatsächlich die Teilnehmerinnen fördert.

Ich könnte auf den Papierkram verzichten und auf die tägliche Emailflut.

Wieviel verdienst du mit deiner Arbeit?Image may be NSFW.
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Natalie

Zwischen Harz 4 und ganz gut. Reich wird frau nicht, aber bis auf die Zeit rund um die Geburt meiner Tochter und einer Finanzamtkrise im vergangenen Herbst, konnte ich mich immer selbst ernähren.

Manchmal verfüge ich aber in umsatzstarken Zeiten privat über besonders wenig: ich stecke das Geld in ein Projekt….

Hast du es jemals bereut, dass du dein Hobby zum Beruf gemacht hast?

Ich bereue es jedesmal, wenn ich krank bin und nicht einfach zu Hause im Bett bleiben kann – ein Los das wohl viele Selbstständige teilen, egal aus welcher Branche sie kommen.

Es war hart bis zur Entbindung zu arbeiten.Und es war hart, bis zur Entbindung zu arbeiten, zwei Tage später schon wieder Büroarbeit erledigen zu müßen und 10 Tage danach wieder zu unterrichten.

Wöchnerinnenzeit hin oder her: Studiomiete und Krankenkasse müßen nun mal bezahlt werden.

Was waren die größten Umstellungen beim Schritt in die Professionalität?

Die größte Umstellung war ein relativ planbares Leben in ein unsicheres zu tauschen.

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emotion Studio
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emotion Studio

Inwieweit unterstützt deine Familie deine Arbeit? Wo kommt es zu Konflikten?

Mein Mann kümmert sich abends und am Wochenende um unsere Tochter. Das klingt zunächst logisch und selbstverständlich, es heißt aber für ihn mit einem normalen Bürojob, daß er fast keine Pause bekommt.

Ich kann mir meine kleinen Auszeiten im Alltag nehmen, wenn das Kind wochentags im Kindergarten ist. Darin liegt Konfliktpotential.

Ich kann mir kleine Auszeiten nehmen, wenn das Kind im Kindergarten ist. Es bedeutet auch, dass ich selten mit am Abendbrottisch sitze, es bedeutet, dass die Familienausflüge meist ohne Mutter stattfinden.

Mein Mann hilft auch bei der einen oder anderen Show. Er ist gerne Teil des bunten Glitzertrubels, das einen scharfen Kontrast zu seiner Arbeit an einer Leipziger Hochschule darstellt .

Ein schönes Ritual sind die Silvesternächte geworden: er fährt mich von Auftritt zu Auftritt und wir freuen uns, über die wechselnden, zum Teil sehr verschiedenen Feiern, die wir privat nie gesehen hätten.

Während seiner Elternzeit, baute mein Mann mir das neue, größere Studio aus. Ich konnte Babybedingt damals nicht selbst mit anpacken.

Während seiner Elternzeit, baute mein Mann das Studio aus. Meine Tochter ist es gewöhnt, auf Shows dabei zu sein. Das klappt gut und ich staune über ihre Konzentration.

Zuletzt war sie bei „Dancing Dreams“ in Berlin und saß die 1. Hälfte der Show in der ersten Reihe, danach war es meiner Schwiegermutter zuviel und das Kind protestierte. Sie in den Unterricht mitzunehmen, ist derzeit stressig.

Mein Beruf, meine Berufung fordert von uns allen große Kompromissbereitschaft.

Wo siehst du dich und dein Studio in zehn Jahren?

Hilfe! Daran will ich gar nicht denken! Dann werde ich in den Wechseljahren sein und meine Tochter in der Pubertät! Zeitgleich!

Was hat dir zu Beginn deiner Selbständigkeit am meisten weitergeholfen?

Fleiß und die Fähigkeit, mit wenig auskommen zu können.

Wenn du heute noch einmal von vorn anfangen würdest, was würdest du anders machen?

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Natalie
Ich würde konsequenter meine Vorstellung vom Orientalischen Tanz verfolgen, weniger nach links und rechts schauen.

Ich würde weniger darauf achten, was andere von mir erwarten.

Ich hätte mich früher auf den Weg zu guten Lehrern gemacht.

Welchen Rat würdest du angehenden Studiobesitzer/inne/n geben?

Nicht träumen, rechnen!

Danke liebe Natalie für das ausführliche Interview und die spannenden Einsichten!

Hast du noch Fragen an Natalie? Dann schreib doch einen Kommentar!

Hier kannst du weitere Interviews zum Thema Berufe und Orientalischer Tanz lesen.

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Berufe & OrientalischerTanz


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